Wortmeldung

Wortmeldung – Teilnehmende berichten (II)

Tabinda Rasheed über das Frauenbild einer modernen Generation: Kind und Karriere

Tabinda Rasheed ist eine selbstbewusste 23-jährige Mathematikstudentin aus Pakistan. Die junge Mutter eines knapp 8 Wochen alten Sohnes hat Ziele für die Zukunft:

„Ich möchte eine berufstätige Frau sein. Ich mag es, beschäftigt zu bleiben und sinnvolle Arbeit zu leisten. Ich habe einen Bachelorstudiengang in Mathematik studiert und möchte mein Studium fortsetzen. Und dann einen passenden Job finden.

Kind und Studium oder Beruf zu vereinbaren ist im deutschen Alltag für jede Frau eine Herausforderung. Doch wie mag es wohl jenen gehen, die gerade Deutsch lernen und ohne familiären Rückhalt ihr Kind in einer Gemeinschaftsunterkunft großziehen müssen? Die Pandemie erschwert zusätzlich.

Das erste Mal als ich aus dem Krankenhaus zurückkam, war es schrecklich. Ich hatte nur meinen Mann Muhammed Asif bei mir. Er musste alle Aufgaben übernehmen, weil mein Sohn mich nicht loslassen wollte. Einschließlich Kochen, Putzen, Waschen und des neu gefundenen Jobs. Am Ende des Tages waren wir oft am Rande unserer Geduld, aber irgendwie haben wir es überlebt. Wir konnten unser Zimmer nicht so oft putzen. Und genau wie alle anderen Paare haben wir manchmal gestritten, worüber sich unsere Nachbarn beschwert haben. Aber wir sind immer noch ein Team und müssen es zusammen schaffen. Und wir haben gelernt, dass wir unsere Liebe in kleinen Handlungen miteinander ausdrücken sollten. Die Pandemie erschwert natürlich alles noch viel mehr.

Die Mathematikstudentin weiß, dass ohne die deutsche Sprache der Start in ein neues Leben, so wie sie es sich erträumt, nicht zu verwirklichen ist. Eine große Schwierigkeit ist die Zugangsberechtigung für einen Sprach- oder Integrationskurs. Als Tabinda Rasheed nach langer Reise im November 2019 in Bietigheim ankam, besuchte sie wenige Tage später den dort stattfindenden Erstorientierungskurs. Nach Beendigung des Kurses bemühte sie sich sehr, einen regulären Sprachunterricht auf dem Niveau A2 zu bekommen. Eine langwierige Angelegenheit. Als sie endlich die Gelegenheit bekam, war sie bereits in der 34. Woche schwanger.

„Jeder behandelte mich nun, als wäre ich abnormal oder so. Jeder nahm meine Schwangerschaft als eine Schwäche, aber es war keine Schwäche. Unser Leben hat sich total verändert. Ja! Wir haben jetzt mehr Verantwortung. Aber unser Sohn Muhammed Meer hat unser Leben erleuchtet und uns die Hoffnung gegeben, ein neues Leben zu beginnen.

Tabinda Rasheed weiß genau, dass sie dazu die deutsche Sprache noch besser lernen muss. Sie steht am Anfang ihres Lebensweges in Deutschland.

Mein Bedürfnis und mein Wunsch die deutsche Sprache zu lernen, sind intensiver geworden, nachdem er in mein Leben gekommen ist. Ich möchte es für meinen Sohn lernen. Und ich möchte alles über meine Umgebung wissen, damit ich ihm die richtige Anleitung geben kann, die er braucht. Ich möchte mich nie wieder so völlig ausgeschlossen fühlen, als ich zu Elternkursen ging, die vom Landratsamt in Ludwigsburg organisiert wurden. Weil dort niemand Englisch sprechen konnte. Niemand konnte mich verstehen. Und ich musste immer jemanden zur Übersetzung zu meiner Ärztin mitnehmen. Und während meiner Geburtserfahrung war ich immer am Rande des Weinens, weil mich niemand im ersten Versuch verstehen konnte.

Die Lernsituation für viele Frauen stellt sich jedoch meist als recht schwierig dar. Oft fehlt es an Betreuungskonzepten für die Kinder oder die Mütter sind zu sehr in den Haushalt eingebunden.

Leider gibt es nur sehr wenige Möglichkeiten für Frauen mit Babys. Frauen mit Kind und in der Schwangerschaft brauchen es am meisten. Sie müssen mit Medizinern kommunizieren. Sie müssen die Sprache lernen, um ihrem Kind etwas über ihre Umgebung beizubringen. Aber leider sind es diejenigen, die davon beraubt sind. Ich möchte vorschlagen, dass der Unterricht lokal organisiert werden sollte, damit diese Frauen nicht so lange unterwegs sind. Ebenso sollte die Unterrichtsdauer nicht so lange sein, damit die Mütter zu ihrem Kind zurückkehren können, bevor sie zu aufgeregt werden.” Ein weiterer Vorschlag: „Die Organisatoren können diesen Frauen ermöglichen, von zu Hause aus zu lernen, indem sie ein Online-System bereitstellen.

Für Frauen wie Tabinda wäre diese Art des Lernens kein Problem und würde aus ihrer Sicht das Entstehen verschiedener Probleme verhindern, denn der Schoß der Mutter sei die erste Schule des Kindes. Mütter weiterzubilden ist gleichbedeutend mit der Erziehung der gesamten neuen Generation.

Ohne Sprache ähneln wir einem 2-jährigen Kind, das nicht sagen kann, was um ihn herum passiert und wie man nach bestimmten Dingen fragt. Ich denke, das ist der Hauptgrund dafür, dass die meisten Kinder von Ausländern Opfer verschiedener krimineller und unanständiger Aktivitäten werden. Weil ihre Familien keine Ahnung haben, was die Kinder dort draußen zu tun haben. Diese Kinder erhalten aufgrund des Analphabetismus ihrer Eltern keine richtige Anleitung.


Tabinda Rasheed kommt aus der Stadt Kasur. Sie absolvierte die Punjab University Lahore an einem angegliederten Regierungskolleg in Kasur. Geheiratet hat sie im Jahr 2018. Tabinda hat eine Zwillingsschwester und drei Schwestern sowie zwei ältere Brüder. Ihre Eltern sind immer noch in Pakistan.


Mein Name ist Susanne Righi-Eberhardt, Dozentin im Erstorientierungskurs der Malteser in Bietigheim-Bissingen. Aktuell versuche ich die Kursteilnehmenden in Zeiten von Corona zu unterstützen, indem ich Ihnen mehrere Übungsblätter pro Woche aushändige und diese wieder einsammle und korrigiere. Ich hoffe die Möglichkeit, die eigene Zukunftsperspektive beeinflussen zu können, ist ein positiver Gedanke für alle.

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